Wednesday 18 November 2015

"Alle Bürger sind aufgefordert, der mörderischen Ideologie ihre Kultur der Freiheit entgegenzusetzen."

Dieser herzige Rat stammt nicht von mir. Man beachte die Anführungszeichen. Nein, Reinhard Müller von der FAZ online empfiehlt diese probate Strategie der Abschreckung. Man dürfe, so Müller, sich jetzt nicht den Stundenplan vom IS oder seinen Trittbrettfahrern (keine näheren Angaben) diktieren lassen.

Dank des französischen Geheimdienstes (Hallo BND? Niemand zu Hause?) und guter Polizeiarbeit konnte die Therapiesitzung für die deutschen Realitätsverweigerer noch einmal vertagt werden.
Thomas de Maizére verteilt sein Wissen in kleinen Portionen, um keine Unruhe in der Bevölkerung aufkommen zu lassen. Schlechte Nachrichten verlieren offensichtlich ihren Schrecken, wenn man jeden Tag nur ein Wort davon verrät.

Frau Merkel spannt ihre Raute und fordert Aufklärung besonders zum Wohl der "Flüchtlinge", denn gerade die seien ja vor diesem Terror geflohen. Das haben die jungen männlichen Schutzsuchenden doch selbst gesagt. Bald ist Weihnachten, dann kommt der Weihnachtsmann, der sonst am Nordpol lebt. Das hat mir ein Dreijähriger selbst erzählt.

Wer einen starken Magen hat, kann sich durch die Leserkommentare in den deutschen Leitmedien kämpfen. Neben geistig normalen Lesern, die nun ein zügiges Schließen der Grenzen und eine strenge Identifizierung der vielen schutzsuchenden jungen Männer fordern, erbrachen sich viele Leser, denen offensichtlich nur noch eine Dschihadisten-Therapie helfen kann:

Das Schließen der Grenzen bringt gar nichts, denn Terroristen finden immer einen Weg. Ein ausgezeichnetes Argument. Wir wissen nun, warum es vollkommen unsinnig ist, Haus und Auto abzuschließen, denn Diebe finden immer ihren Weg. Beweis: auch abgeschlossene Autos werden gestohlen, in abgeschlossene Häuser wird eingebrochen.

Was sind schon 130 Tote? In der selben Zeit, so die noch Untherapierten, sterben viel mehr Menschen an a) Krankenhauskeimen, b) Autounfällen, c) christlichen Gewalttätern, d) Klimawandel, e) Feinstaub. Übrigens sind noch nie so wenige Menschen durch Terroranschläge umgekommen wie heute. Nie war ein Dschihadist so wertvoll wie heute.

Islamismus hat mit dem Islam nichts zu tun. Eben. Genauso wenig wie Alkoholismus mit Alkohol irgendwas zu tun hat.

Die mit den ellenlangen Kausalkettchen. Was in Paris passierte und demnächst bestimmt auch woanders passiert, hat seine Ursachen - und jetzt wird ganz weit ausgeholt - in den Kreuzzügen, bestimmt hat auch der Umgang "der Amis" mit den Indianern irgendwas damit zu tun. Und die Armut (nur einfache Smartphones, bettelarme Saudis schicken nicht genug Waffen). Vietnam darf auch nicht fehlen. Die Kolonialzeit. Niemals die Kolonialzeit vergessen. Wie tief die Kreuzzüge das muslimische Herz verwundet haben, sieht man deutlich an ihrem vollkommen berechtigten Hass auf "Kreuzzügler." Wir sehen hier ganz deutlich, dass der junge Dschihadist beileibe nicht nur den Koran entziffern kann, sondern ein gewiegter Historiker ist. Er weiß genau, dass der Begriff "Kreuzzug" erst im 19. Jahrhundert geprägt wurde, er weiß aber auch, dass debile Ungläubige das nicht wissen. Frankreich und die anderen haben alles falsch gemacht und kriegen jetzt ihre Quittung dafür. Deutschland zeigt mit seiner Willkommenskulter, wie man islamischen Terror verhindert.

Dann gibt es noch die Leser Müller'schen Geistes: keine Kalaschnikoff dieser Welt, kein Sprengstoffgürtel kann uns etwas anhaben, wenn wir den Gegner (Frau Käßmann erhebt Einspruch. Warum Gegner?) mit unseren Kulturbeuteln der Freiheit bewerfen. Dschihadisten weinen und legen alle Waffen nieder, wenn wir entschlossen Lichterketten schmieden, Mahnwachen exerzieren lassen, Liedermacher an die Front schicken und ganz viel beten.

Derlei lesen wir natürlich nur vor der ersten Therapiesitzung. Der Therapieerfolg wird sich schlagartig [sic!] einstellen. Danach lesen wir anderes.


Festgefahren in der Antithesis

Nach Hegel vollziehen sich historische Prozesse bekanntlich in einem Dreisprung: Das,was ist, nennt er Thesis. Diese Thesis wird irgendwann negiert (Antithesis), schließlich wird die Synthesis (die nicht-identische Negation der Negation) wieder zur Thesis und so weiter. Zur Beschreibung dieser modernen Dialektik (sie unterscheidet sich grundlegend von der griechischen) benutzte er das wunderbare deutsche Wort "aufheben" in seiner Dreifachbedeutung: bewahren, abschaffen, auf eine höhere Stufe heben. Deshalb ist die Synthesis nicht-identisch, d.h. nicht einfach eine Wiederherstellung der ursprünglichen Thesis.
Deutschland ist festgefahren in der Antithesis. Nach der Befreiung vom Nationalsozialimus wurde zu Recht(!) die grauenhafte Thesis streng negiert: statt Kriegslüsternheit Friedfertigkeit, statt Intoleranz Toleranz, statt Abgrenzung Westbindung (Adenauer), statt Barbarei Zivilisiertheit. Feinde gibt es gar nicht mehr mehr, nur noch Brüder und Schwestern.

Diese Negation der furchtbaren Unwerte war historisch und moralisch geboten. Was von niemandem verlangt, aber trotzdem (natürlich weltmeisterlich) zelebriert wurde, war der ewige "Bußkult", der allerdings nur sich selbst feierte und nichts lehrte (siehe etwa: Margarete Mitscherlich, Die Unfähigkeit zu trauern). Wie wenig der leere Kult mit tatsächlicher Aufarbeitung zu tun hat, lässt sich am spätestens seit dem 6-Tage-Krieg munter wachsenden "Antizionismus", an der "Israelkritik" zeigen*. Der Kult verbietet es (noch), das Kind beim Namen zu nennen. "Antisemitismus" ist noch nicht ganz salonfähig. Da muss man sich ein Sprach-Lätzchen umbinden und in den Schwurbel-Modus schalten. Auch die "Amerikakritik" ist bei genauem Hinsehen ein höher skalierter Antisemitismus: Amerikanische Präsidenten sind alle nur Marionetten einer (undeutlich deutlich) herbeifabulierten "Finanzelite" (Ostküste...), die alle Fäden in der Hand hat.

Aber ohne große Gefühle und ganz ohne Liebhaben tun sich Deutsche schwer. So wurde "das Fremde" Objekt der Begierde. Je nach Zeitgeist und Gemütszustand sind das asiatische Gesundbeter, Indianer oder wie seit einigen Jahrzehnten Palästinenser, überhaupt alle von den "israelischen Imperialisten" unterdrückten friedliebenden Menschen, also praktisch alle außer den Amerikanern (gewisse Amerikaner...) und natürlich Israelis, die "genauso schlimm wie Nazis" sind. Das Wahre, Gute und Schöne kommt stets aus der möglichst kulturfernsten Fremde. Der Westen ist wertlos.

Karl Poppers "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" wurde deshalb nur teil-rezipiert. Eine nach allen Seiten total offene Gesellschaft, da hat er schon recht, der Popper, aber Feinde? Was für Feinde? Da schalten die Toleranz-Besoffenen auf "rechter Popper". Hat dieser "Neo-Liberale" nicht kapiert, dass es seit 1945 keine Feinde mehr gibt? Außer natürlich, ich erwähnte sie schon. Dass der Österreicher Popper 1937 emigrieren musste (er sah den Hurra-Anschluss Österreichs an das deutsche Mörderreich voraus), tut gar nichts zur Sache. Dass 16 seiner Familienmitglieder in der Shoah ermordet wurden, tut auch nichts zur Sache, denn das war ja vor 1945. Und seit 1945 und erst Recht seit 1967 (israelische Kriegstreiber, Sie wissen schon...) sind die Deutschen ganz lieb zu (fast...) allen.
In dieser Dauer-Antithesis hat man sich gemütlich eingerichtet**. Wirtschaftlich sowieso, aber auch moralisch. Ein richtig guter Büßer darf und muss andere belehren. Die Täter belehren seit Jahrzehnten die Opfer und bemerken überhaupt nicht die Abscheulichkeit ihres Tuns. Jede Dumpfbacke weist jede Verantwortung für die Untaten der Großeltern zurück, denn er war ja nicht dabei. Um so kompetenter wähnt er sich, wenn es darum geht, Israel auf den rechten Weg zu bringen.

Die Verachtung des Westens, verkörpert durch die USA und Israel, ist vornehme Bürgerpflicht. Er hat sich alles selbst zuzuschreiben und verdient es nicht, mit allen Mitteln verteidigt zu werden. Was gibt's da schon zu verteidigen? Auch in der geheiligten Fremde gibt es die freie Rede, auch wenn die Redner enthauptet werden. Frauen? Homosexuelle? Klar, nun ja, nicht ganz so schön, was denen in der wunderbaren Fremde passiert, aber das alles hört auf, sobald der Westen seine Fehler einräumt und (wir kennen das schon) Reue und Buße zeigt. Und hier stecken sie fest. Sie schaffen die Synthesis nicht. Sie schaffen es nicht, normal zu werden. Sie wollen das Erreichte, den weitestgehend liberalen Rechtsstaat, die weitestgehend offene Gesellschaft nicht vor ihren Feinden schützen, sie sind nicht bereit zur Verteidigung dieser doch großartigen Errungenschaften, die sie tagtäglich wie selbstverständlich(!) nutzen und genießen.
Sie haben noch nicht verstanden, dass es eben keine Selbstverständlichkeiten sind. Andere Länder sind auch tolerant und friedfertig, aber ihre Bürger verachten ihr Land nicht. Ja, sie sind sogar stolz (ganz schlimm) auf das, was ihr Land, seine Bürger erreicht haben. Deshalb wehren sie sich gegen ihre Feinde. Dabei vergessen auch diese Bürger nicht, dass ihr Land auch viel Unrechtes getan hat und mitunter auch noch tut. Und dieses Unrecht wird thematisiert und diskutiert. Dass sie ihr Land und den Westen trotzdem nicht hassen, sondern mit allen Mitteln verteidigen, ist ihrer Normalität geschuldet.

* Damit ist ausdrücklich nicht gemeint, dass Deutsche nun Tag und Nacht Israel loben sollen. Es reicht vollkommen aus, Dieter Nuhrs Ratschlag zu befolgen: einfach mal die Fresse halten.
** Theodor W. Adorno warnte vor dem Festhalten an der Negativität, die ja dadurch ins unkritisch Bejahende umschlägt. (Adorno, Negative Dialektik)


Hallo Grün*innen, habt ihr noch alle Latt*innen  am Zaun*in?

In der Biologie spricht man von Übersprungshandlung, wenn aus einem Konflikt zwischen zwei möglichen Handlungszielen sich sinnlose Bewegungsmuster zeigen. So eine Übersprungshandlung sehen wir jetzt bei den Grün*innen (außen auch). Der Konflikt lässt sich ahnen. Alle Muslime rein, aber sie müssen Frauen achten und Homosexuelle lieb haben. Geht nicht? Klappt nicht?
Gut, dann beschäftigt man sich mit der Restzertrümmerung der deutschen Sprache. Der * heiligt die Mittel*innen.
Grün*innen, grabt Kröt*innen-Tunnel*innen, rettet Bork*innen Käfer*innen und lasst die Menschheit*innen in Ruhe!

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/die-gruenen-machen-geschlechtsneutrale-sprache-zur-pflicht-a-1063228.html#js-article-comments-box-pager
            

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