Sunday 22 November 2015

Ich erinnere mich: als Kinder sind wir zum Bäcker gegangen und haben Negerküsse gekauft. Negerküsse. Heute ein Unwort, das jeden Bäcker, der es wagte, dieses Schaumgebäck so zu nennen, in den Ruin treiben würde. Wann fing das alles an? Wann begann die Diktatur der Sprachpolizei?

Ende der 60er Jahre eroberte das Musical „Hair“ die Bühnen. Das Musical setzte der Hippiebewegung ein Denkmal, vertonte das Lebensgefühl dieser„Blumenkinder“, wie sie in Deutschland genannt wurden. Keine Party ohne „Hair“. Es wurde sogar eine deutschsprachige Fassung getextet. 

In einem Wechselgesang zwischen schwarzen und weißen Hippiefrauen wird von den Männern mit der jeweils anderen Hautfarbe geschwärmt. Die Weiße singt diese Textzeile: „Ich will nen Negerkuss mit Schokoladenguss.“ 
Ich habe dieses Beispiel gewählt, weil gerade dieses Musical nun wahrlich nicht unter „Rassismusverdacht“ steht. Oder wenigstens stand. Ich gehe davon aus, dass diese „rassistische Textzeile“ von der Sprachpolizei inzwischen geändert oder ganz getilgt wurde. 

Ich stelle fest: Ende der 60er Jahre durfte ein Schwarzer noch Neger genannt werden. Auch im Riemann Musiklexikon wird noch von „intellektuellen Negern“ geschrieben, die den modernen Jazz (Bebop) in New York entwickelten. Und Adorno schrieb, dass Weiße und Neger sich nur in der Hautfarbe unterscheiden.

Interessanter Weise haben die Schwarzen nie gefordert, dass man sie nicht mehr Neger nennen dürfte. Natürlich gibt es das widerliche Schimpfwort „Nigger“. Dieses nicht zu gebrauchen fordert der Anstand. Und wenn schon lateinisch, dann richtig: Homo africanus niger ist der schwarze Mensch, der aus Afrika kommt. 
Da die Schwarzen selbst kein Problem mit der Bezeichnung „Neger“ (negroe) haben, zielt das Sprachverbot letztlich auf den unmündigen Schwarzen, der sich nicht selbst helfen kann, der von uns beschützt werden muss. Wir bestimmen, wann sich ein Schwarzer gefälligst beleidigt fühlen muss.

Auch Agatha Christies „Zehn kleine Negerlein“ wurde von der Sprachpolizei gereinigt. Anstatt „Ten little Niggers“ heißt das Buch nun korrekt „An then there were non“. In Deutschland kam 1969 die Theaterfassung auf die Bühne. Der Titel: Zehn kleine Negerlein. Mir ist es wichtig, dass es nicht die Betroffenen selbst, also die Schwarzen waren, die sich am Begriff „Neger“ störten. Wir befahlen ihnen, sich daran zu stören, weil wir das so beschlossen haben.

Seit vielen Jahren ermittelt der Sprachpolzeiapparat wider die entartete Sprachkunst. Literatur wird gereinigt, Sarotti-Mohren entfernt (ach ja, Mohrenköpfe gibt’s beim Bäcker auch nicht mehr). Wann wird der böse Mohr Manostatos  aus der Zauberflöte entfernt oder zum richtig guten Schwarzen umgedichtet? Wenigstens wird er schon fast überall in Anführungszeichen gesetzt, um deutlich zu machen, dass nicht alle Mohren böse sind.   



Das KaDeWe hat mir heute auf meine Protestnote geantwortet:

Sehr geehrter Herr Richter,
die 8 israelischen Weine werden ab sofort wieder im Sortiment sein. In diesem Fall - es ging um eine Empfehlung der Europäischen Kommission - ist hausintern zu rasch und unsensibel gehandelt worden.
Wir bedauern, dass es durch dieses falsche Verhalten seitens der KaDeWe Group zu Missverständnissen gekommen ist und bitten, dies zu entschuldigen.
Das KaDeWe führt ein internationales Sortiment, darauf sind wir sehr stolz. Teil dieses Sortiments sind selbstverständlich auch über 200 israelische Produkte.
Das KaDeWe steht für Weltoffenheit und Internationalität. Wir lehnen jeder Form von Diskriminierung und Intoleranz ab.
Mit freundlichen Grüßen,
Geschäftsleitung KaDeWe

Danke, liebes KaDeWe. Bieten Sie vielleicht auch Schulungen an für Einsicht und Selbstkorrektur? Auch für Kanzlerinnen?
      

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