Friday 11 December 2015

Schleier ohne Ende

Die Diskussionen über die Vollverschleierung reißen nicht ab. In einigen Ländern wurden Verbote per Gerichtsbeschluss durchgesetzt. Die angeführten Gründe für das Verbot von Burka und Niqab sind vielfältig, und die Verbotseiferer wirken immer verkrampft. Die einen möchten ihren Mitmenschen ständig ins Gesicht sehen können. Mich würde interessieren, ob diese Schaulustigen sich an die Gesichter, die sie gerade im Supermarkt, an der Tankstelle oder beim Spaziergang so genau angeguckt haben, erinnern können.

Dann gibt es die Frauenbefreier. Burka und Niqab seien Symbole der Unterwerfung (das stimmt, Islam bedeutet Unterwerfung) und vor allem der Unterdrückung durch den Mann (das stimmt auch). Wenn aber doch die Verschleierten immer wieder bekräftigen, sie trügen die Tracht freiwillig? Wo kein Hilfesuchender, da hat ein Retter nichts zu suchen.

Das fällt den Frauenbefreiern schwer. Sie mutmaßen, und wahrscheinlich zu Recht, dass diese „Freiwilligkeit“ aus Angst vor Prügelstrafen behauptet wird. Das ist wahrscheinlich richtig, hilft aber nicht weiter. Was genau Freiwilligkeit oder auch der viel zitierte freie Wille ist, beschäftigt die Menschen seit sie anfingen, über sich selbst nachzudenken, also seit mehreren tausend Jahren. 

Vor einigen Jahren mussten wir uns sogar vom Postulat eines „freien Willens“ verabschieden. Wir wissen inzwischen, dass auch dieser gefühlte freie Wille das Ergebnis eines unbewussten und komplexen Entscheidungsprozesses ist.

Wenn eine stolze Mutter berichtet, ihr Kind mache jeden Tag ganz freiwillig seine Hausaufgaben, man müsse es nicht daran erinnern, könnte das auch bedeuten, dass das Kind gelernt hat, dass es viel freundlicher behandelt wird und auch die Geburtstagsgeschenke großzügiger ausfallen, wenn es „freiwillig“ seine Hausaufgaben macht. 

Deshalb können wir nicht auszuschließen, dass eine Muslima ihre Unterwerfungstracht in diesem Sinne freiwillig trägt, einfach, weil sie soziale Vorteile davon hat, bzw. Nachteile vermeiden kann. 


Mir persönlich ist es vollkommen gleichgültig, wie Menschen sich kleiden und aus welchen Gründen sie das tun. Da es sich hier um eine Form der Vermummung handelt, müssen für Muslimas dieselben Regeln gelten wie etwa für Motorradfahrer, die zum Beispiel beim Betreten einer Bank den Helm zwecks Identifizierung abnehmen müssen. Manche Vollverschleierte beschweren sich, dass sie bei der Jobsuche benachteiligt werden. Da geht es ihnen nicht anders als dem Motorradfahrer, der darauf besteht, seinen Helm auch im Büro oder an der Werkbank nicht abnehmen zu müssen. Um einen Job zu bekommen, müssen beide, und ganz freiwillig, ihr Gesicht zeigen.               

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