Monday 1 August 2016

Das immer gleiche Klagelied

Die Psychologin Dr. Lena Kornyeyeva beklagt in der aktuellen Ausgabe des „Cicero“ (Magazin für politische Kultur) wieder einmal den Untergang der Kultur. Von digitaler Verdummung ist die Rede, exemplifiziert am neuen Hype „Pokémon Go“. 

Sie konstatiert, dass die Schriftkultur und damit das Denken verloren geht und einer allgemeinen Infantilisierung weicht. Ich muss mich hier immer streng zur Ordnung rufen, weil ich sonst auch gerne in eben dieses Wehklagen ausbreche.  

Ich weiß aber auch, dass spätestens seit Platon das Klagelied über die Verblödung der Jugend angestimmt wird. Das Gesetz der älteren Frauen und Männer: die nächste Generation ist stets dümmer als die eigene. 

Leider bleibt Frau Kornyeyeva beim Lamentieren stehen und fragt (sich) nicht, wie es zu dieser seit mindestens 2500 Jahren bestehenden Einschätzung kommt. Den wichtigsten Grund sehe ich in einer Idealisierung der kulturellen Vergangenheit, die einer kritischen Überprüfung aber nicht standhält. Bleiben wir bei der Literatur. Nur sehr wenige haben große Literatur geschrieben, vergleichsweise wenige haben sie gelesen, und nur ein Bruchteil von denen hat sie verstanden. Sicher wurden noch vor einigen Jahrzehnten viel mehr Klassiker an den Schulen gelesen (und wieder vergessen), und das eine oder andere blieb durchs geforderte Auswendiglernen hängen. Aber von wie vielen wurde „Faust“ verstanden? Oder Kleists Michael Kohlhaas? Die Masse las ohnehin lieber Arzt- und Loreromanheftchen und das „Goldene Blatt“. Heute glotzt die Masse Trash-TV oder spielt dämliche Spiele wie „Pokémon Go“. War jene Masse wirklich klüger und gebildeter als diese? Ich neige eher dazu, mit Salomon gelassen und resigniert zu sagen, dass sich alles gleich bleibt. Nur die Erscheinungsform ändert sich. Nicht die Qualität. 

Schon durch das Aufkommen der Email wich die reine schriftliche einer Mischform aus mündlicher und schriftlicher Kommunikation. Diese Tendenz hat sich durch SMS und Twitter noch weiter verschärft. Schnell wird geschrieben (eigentlich schriftlich gesprochen), und schnell muss geantwortet werden. Genauso wie nur wenige das „druckreife Sprechen“ beherrschen, beherrschen nur wenige die schriftlich ausgefeilte SMS oder das Twittern. Unbeholfene Sätze mit vielen Schreibfehlern sind die Folge, aber diese Unbeholfenheit zeigt sich auch bei weniger talentierten Sprechern. 
Auch „Pokémon Go“ musste erdacht und geschrieben (programmiert) werden. Wir wiederholen: von wenigen, wie nur von wenigen Bücher geschrieben wurden. Jeder weiß auch, dass allein das Lesen von Büchern niemanden zum Schriftsteller oder Dichter befähigt. Umgekehrt kann niemand dichten oder schriftstellern, der noch kein Buch gelesen hat. Das ist bei digitalen Spielen aber nicht anders. Nur die wenigsten Spielekonsumenten sind selbst in der Lage, eine App zu schreiben, und umgekehrt kennen die Spieleprogrammierer die meisten anderen Spiele. Das ist auch deshalb wichtig, weil man sonst womöglich aus Versehen plagiiert. Das ist aber bei der Literatur nicht anders. Es wäre doch peinlich, wenn ein Schriftsteller nach jahrelanger Klausur freudestrahlend seinen Roman „Das Leides des jungen Werther“ beim Verleger einreichte. 

Frau Kornyeyeva bezweifelt auch, dass heute noch so eine Denk- und Streitkultur wie bei den von ihr offensichtlich idealisierten „68ern“ möglich ist. Als man noch „gegen das Establishment“ rebellierte. Nun, von wenigen originären und originellen „68ern“ abgesehen, verdünnte sich die Fan-Gemeinde doch schnell zu „Skript-Ideologen“, die von Adorno, Horckheimer, Marcuse et al. nur noch ein paar wenig verstandene Schlagwörter auf die Transparente malten, aber die Anstrengung des Lesens und Denkens scheute. Als sich dann die undankbaren Arbeiter nicht befreien lassen wollten, wendete man sich kuscheligen Kommunen oder der radikalen Tierbefreiung zu (die Viecher wehren sich wenigstens nicht gegen ihre Zwangsbefreiung). Andere frustrierte Arbeiterbefreier schwärmen für asiatische Heilsbringer-Religionen oder huldigen heimischen Quacksalbern und "Chemie-Gegnern". 

Die Wurmfortsätze dieser „Bewegung“ sitzen heute an den entscheidenden Schalthebeln des „Establishment“ (Kindergärten und Schulen) und sorgen für die Indoktrinierung unserer Kinder und Enkel durch pseudowissenschaftlichen Unfug. Diese verklärten „68er“ haben für die Geringschätzung der Naturwissenschaften und die Überhöhung der Sozialwissenschaften gesorgt. Wenn überhaupt jemand für eine (partielle) Verdummung und damit Verführbarkeit der Massen in den letzten fünf Jahrzehnten verantwortlich gemacht werden kann, dann diese von Frau Kornyeyeva so hoch geschätzten „68er“. 

Ich glaube nicht, dass irgendeine Generation dümmer als eine andere ist. Die Moden wechseln, die Erscheinungsform ändert sich, aber das Grundmuster bleibt: wenige sind gebildet und beherrschen die vielen, die es nicht sind.       

Und so hat sich die türkische Presse bei den Steuerzahlern in Deutschland bedankt. Für den teuren Polizei-Großeinsatz, dafür, dass Türken, die in Deutschland leben, ihren Despoten in der fernen(?) Türkei hochleben lassen konnten. Einschließlich schmissiger antisemitischer Reden. Danke, danke, danke. Und vor lauter Dankbarkeit für die türkische Dankbarkeit spendiert Merkel jetzt auch die Visa-Freiheit für alle Türken. Großartig. Dank gebührt vor allem Angela Merkel. Mit ihrem grandiosen "Flüchtlings-Deal" hat sie Erdogan alle Asse in die Hand gegeben, sie selbst behält die Luschen:

"Deutschland, das seiner Nazi-Vergangenheit nicht entkommen ist, hat seine Maske fallengelassen. Es unterstützt die putschistische Fetö-Bande (gemeint sind die Anhänger des Predigers Fethullah Gülen), die gegen die Türkei ist. Es hat einmal mehr bewiesen, dass es kein Freund und Verbündeter ist." (Quelle: Welt.de)

P.S.: Einen wichtigen Grund für die Visa-Freiheit versteht jeder. Fast jeder: Erdogan will keine Syrer, schon gar nicht diese. Also gibt er ihnen (den "Flüchtlingen") die türkische Staatsbürgerschaft und schickt sie weiter ins gelobte Vollversorgungsland (die Handvoll Fachkräfte behält er vielleicht). Das wird ja einfach, und Frau Merkel kapiert's zwar nicht, schafft es aber auf jeden Fall. Mit ein bisschen Hilfe...   

No comments:

Post a Comment

Ein Lügner glaubt keinem An dieses sehr tiefsinnige Sprichwort muss ich immer denken, wenn ich die Propaganda (in der Vor-Merkelzeit gab e...