Saturday 27 August 2016

Mach keine Witze!

Das deutsche Kabarett nach 1945 glänzt durch Unwitzigkeit. Seine Spezialität ist der "einverstandene Humor": Kabarettist und Publikum bilden eine ungebrochene Allianz. Berühmt und berüchtigt waren "linke" (DKP oder auch mal SPD) Kabarettisten, die vor DKP- oder SPD-affinem Publikum gegen die CDU austeilten. Ach, wie witzig. Und so bequem. Das Publikum klopfte sich auf die Schenkel und lachte, weil der Kabarettist genau das sagte, was das Publikum hören wollte. Das Ganze glich einer Honecker- oder Merkelrede, nach der das ganze Politbüro stehende Ovationen gab. Einverstandener Humor. Er ist geradezu das Gegenteil von echtem Witz, denn der setzt eine radikal skeptische Haltung voraus.
Daran hat sich nichts geändert. Öffentlichrechtliche Berufskasper keilen regierungskonform gegen Regierungsgegner, heute vornehmlich gegen die AfD oder Pegida oder das ganze "rechte Pack". Da tut nichts weh. Vor allem die besoldeten Spaßmacher haben nichts zu befürchten, weder von der dankbaren Regierung, noch von explosionsfreudigen Surensöhnen. Wenn Kabarett aber nichts anderes mehr ist als dümmlich verkalauerte Tagesthemen, wird es entbehrlich. Kabarett war immer Gegenmeinung, im besten Fall eine gekonnt witzige Abrechnung mit dem Zeit(un-)geist.

Einige wenige Kabarettisten (siehe Link) sagen wenigstens die Wahrheit: sie haben Angst. Angst vor Dschihadisten, die auch von Humor nichts verstehen. Aber anstatt daraus abgründigen Humor zu entwickeln (aus dem Ärmel: "ich spreche hier nicht über den Islam. Ich spreche überhaupt nie über den Islam. Und das hier, diese Karikatur (zieht eine Zeichnung aus der Tasche) stellt nicht den Propheten dar. Das ist meine Tante. Die sieht immer so aus."), halten sie den Mund. Darin zeigt sich ihre Mittelmäßigkeit.

Zwischen 1933 und 1945 mussten Kabarettisten auch sehr auf der Hut sein, aber sie kannten wenigstens Karl Kraus, der sehr witzig sagte: "Satire, die der Zensor versteht, wird mit Recht verboten." Die Meister von einst verklausulierten ihren Humor so geschickt, dass die Nazis (heute sind es die Muslime) nichts merkten, aber das intelligentere Publikum immer wusste, was und wer gemeint war. Die schwachen Spaßmacher schossen damals lieber gegen Juden, das zog immer und ganz ohne Anstrengung. Das durfte auch gerne entsetzlich plump sein. Der plumpe Nazi lachte.
 Der große Werner Finck sagte öffentlich: "Ich stehe hinter jeder Regierung, bei der ich nicht sitzen muss, wenn ich nicht hinter ihr stehe." Kein Parteiname fällt, und trotzdem wusste jeder, dass die NSDAP gemeint war. So machten es die Meister. Aber die sind tot.

http://www.achgut.com/artikel/kabarett_die_noetige_portion_feigheit

Ein Leser schreibt zu dem verlinkten Artikel:

Einer der ermordeten Charlie-Hebdo-Karikaturisten sagte: "Lieber aufrecht sterben, als auf den Knien leben." Für Schweizer Kabarettisten gilt - mit Ausnahme von Thiel - offenbar das gegenteilige Motto. Und der deutsche Kabarettist Dieter Nuhr sagte, dass man als Künstler im Westen zum ersten Mal seit 1945 ein Thema meiden müsse, um keine Gewalt zu erleiden. Soweit hat uns falsche Toleranz gebracht.

No comments:

Post a Comment

Ein Lügner glaubt keinem An dieses sehr tiefsinnige Sprichwort muss ich immer denken, wenn ich die Propaganda (in der Vor-Merkelzeit gab e...