Thursday 9 June 2016

Trump und die griechische Tragödie

Trump ist ein  Dummkopf. Darüber sind sich vor allem in Deutschland fast alle einig. Diese Fehleinschätzung beruht auf der irrigen Annahme aller Trottel, jeder Trottel könne Milliardär werden. Diese Ansicht wird gerne von jenen vertreten, die außer staatsbesoldeten Tätigkeiten noch nie in ihrem Leben etwas Produktives zustande gebracht haben. Wir klammern  Töpferkurse in der Toscana oder kreatives Origami hier mal aus.

Trump ist kein reicher Erbe, er ist Selfmade Man. Er weiß, wie man ein großes Geschäft erfolgreich führt. So ein Mann ist kein Dummkopf. Warum benimmt er sich dann so? Warum poltert er rum und erschreckt damit sogar seine Parteifreunde? Warum stellt er absurde Forderungen und bestätigt damit scheinbar die Einschätzung seiner Kritiker? Warum trägt er ein betont unvorteilhaftes Toupet, das ihm nur Spott einbringt?

Weil er weiß, wie man erfolgreich Geschäfte macht: mit Emotionen. Er macht sich nichts vor. Er glaubt nicht daran, dass Abermillionen von ungebildeten Wählern genau verstehen, worum es im komplexen Politgeschäft geht. Er hält es für sinnlos, diese Wähler mit Analysen und kühler Rhetorik zu überzeugen. Er ist Realist. Entertainment sells. Die Leute gehen dahin, wo's unterhaltsam, wo's lustig zugeht. Das hat er verstanden, und deshalb konnte er vom reichen Nobody zum Präsidentschaftskandidaten aufsteigen.

Aber er hat noch mehr für die Gefühlsbürger und damit für die Mehrheit getan. Er hat Themen angesprochen, die von den anderen tabuisiert werden. Er schert sich nicht um political correctness und schießt oft übers Ziel hinaus, wird beleidigend. Das ist Teil seiner Dramaturgie.

Von der Krisis zur Katharsis

Meiner Einschätzung nach wird er jetzt aber die nächste Phase seines Tragödienspiels einleiten, denn er weiß auch, dass der nächste Schritt, der Schritt ins Weiße Haus, nicht ausschließlich mit launigem Entertainment zu schaffen ist. Nachdem der Etappensieg erreicht wurde, wird er einen anderen Trump geben, einen Trump der Katharsis: Läuterung, Klärung, Ruhe und vor allem Berechenbarkeit sind jetzt gefragt. Denn einen unberechenbaren Clown, der aus einer Tageslaune heraus vielleicht einen Krieg anzettelt, will man denn doch nicht. Das weiß Trump genau. Er muss nun zeigen, und das wird er tun, dass er nicht nur eine Stimmungskanone ist, sondern weise Entscheidungen zum Wohl des Landes fällen kann. Er weiß genau, dass die Phase der Krisis vorbei ist. Ich bin gewiss kein Hellseher, aber ich gehe davon aus, dass wir in Kürze eine neue Seite des Donald Trump kennenlernen werden.
Man muss ihn wirklich nicht mögen, aber ihn für dumm zu halten, ist sehr dumm.    



No comments:

Post a Comment

Ein Lügner glaubt keinem An dieses sehr tiefsinnige Sprichwort muss ich immer denken, wenn ich die Propaganda (in der Vor-Merkelzeit gab e...