Sunday 5 February 2017

Der Nucleus accumbens und seine Tricks

Friedrich Nietzsche wusste es: der sogenannte Altruismus ist nur eine Spielart des Egoismus. Letztlich geht es immer nur um uns, um unser Wohlfühlen. Auch Empathie dient uns, nicht dem anderen, denn, Hand aufs Herz, können wir uns wirklich in den anderen "hineinversetzen", wirklich "mit ihm fühlen"? Selbst wenn wir ähnliche Erlebnisse hatten, sind es doch niemals dieselben, einfach, weil es "das Erlebnis" nicht gibt. Jedes Gehirn, somit jeder Mensch, verarbeitet, interpretiert das scheinbar Gleiche anders. Das soll nicht heißen, dass eine tröstende Floskel wie "ich weiß, wie du dich fühlst" nicht wertvoll für den tatsächlich Betroffenen ist. Im Gegenteil, Trost spenden ist eine notwendige menschliche Tätigkeit. Nur müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass Trostworte wohltuende Formeln sind.

Das "Belohnungszentrum" (Nucleus accumbens) erzeugt nicht nur schöne Gefühle bei Belohnung, sondern steuert einen Großteil unseres (Sozial-)Verhaltens. Schon in frühester Kindheit wird es reichlich gefüttert (sic!). Wenn etwa ein Kind sich besonders gut (nach unseren Vorstellungen) verhält, belohnen wir es durch eine kleine Süßigkeit o.ä. Das setzt den Prozess der operanten Konditionierung in Gang. Das Kind fühlt sich gut, wenn es Wohlverhalten an den Tag gelegt hat. Nach einer gewissen Zeit braucht man auch keine Verstärker wie Süßigkeiten mehr, ein Lob reicht, und wenn das Kind erwachsen ist, reicht schon das Wohlverhalten selbst, um u.a. Dopamin freizusetzen. Es gibt ja Eltern, die ihr Kind unterschiedslos immer loben, egal, was es tut oder unterlässt. Frei von Kenntnissen glauben sie, das sei gut fürs Kind. Das ist es ganz und gar nicht. Wenn mir ein in dieser Weise verzogenes Nachbarkind die Fenster einwirft und sich dabei gut fühlt, ist sein "Belohnungszentrum" verwirrt und ziemlich unbrauchbar.

Der Nucleus accumbens hat ein phänomenales Langzeitgedächtnis. Suchtkranke wissen das. Selbst wenn die Sucht selbst besiegt scheint, kann sich das "Belohnungszentrum" ganz plötzlich wieder melden und nach der Belohnung fragen. Wenn die Frage laut und immer wieder gestellt wird, kommt es nicht selten zu Rückfällen oder die Sucht wird durch eine andere ersetzt, denn sowohl Substanz-Drogen als auch Spielsucht, Laufsucht, Kaufsucht usw. werden vom "Belohnungszentrum" verwaltet. Nun ist dieser kleine Nucleus kein Meisterdenker. Schlimmer, er denkt gar nicht. Er verwaltet und steuert das Erlernte und trickst dabei lässig unser Großhirn aus.

Beispielsweise spendiert er auch Wohlgefühl, wenn bestimmte Reizwörter gesagt werden, die nach zeitgeistlicher Auffassung nur Gutes im Schilde führen. So wird heute schon jedes Kind mit dem Schwabbelbegriff "Gerechtigkeit" oder noch dümmer "soziale Gerechtigkeit" positiv gefüttert. Das Ergebnis ist, dass ein Politiker, zum Beispiel eine SPD-Mensch, nur von "sozialer Gerechtigkeit" zu schwafeln braucht, und schon verbreitet sich ein Wohlgefühl bei den Zuhörern und Lesern. Denn dafür muss man sein. Auch wenn in keiner Weise bündig definiert wird, was das denn genau ist. Ein Beispiel dafür, wie sich der Nucleus selbständig macht und das Großhirn (das fragt, was bitte das konkret bedeutet und welche Folgen das für den Einzelnen hat) links (stimmt) liegen lässt.

Und da sind wir schon bei der bauchgefühligen Steuerung des Wahlvolkes. Der SPD-Schulz ist nur ein Beispiel dafür, wie ausschließlich das Wohlgefühl seiner erträumten Wählerschaft angesprochen wird. Bis jetzt hat er nichts Konkretes über das, was er zu tun gedenkt, gesagt. Er schwimmt komfortabel auf der Anti-Trump-Welle, macht andere nieder, aber nur die anderen, die von der zeitgeistgläubigen Mehrheit ohnehin niedergemacht werden. Riesen Spritzer in seichtem Wasser, "Mut" ohne Gefahr. Das kann er. Angeblich mag ihn ein guter Teil der Wählerschaft. Warum? Hat er außer unverschämter Selbstbereicherung in Brüssel irgend etwas geschafft? Ja, und wir kommen wieder zum Anfang unserer kleinen Betrachtung: er versorgt seine Zuhörer mit Häppchen für das eigene Wohlfühlen. Sie haben die Möglichkeit, mit der Mehrheitsmeinung zu schunkeln und sich dabei wohl zu fühlen. Für diesen kleinen Wohlfühlrausch mögen sie ihn. Wie geschrieben, Schulz ist nur ein Beispiel von vielen.

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